Mittwoch, 29. Oktober 2014

Weißbuch Innenstadt

Sehr geehrte Damen und Herren,
 
das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung hat die Gefährdung der Innenstädte erkannt und ein Weißbuch veröffentlicht.
Gerade das Kapitel zum "Marktplatz Innenstadt" trifft voll unsere Problemlage und spricht den Innenstadthändlern aus dem Herzen. 
 
Zitat Weißbuch: "Innenstädte sind traditionell Orte des Handels. Eine Vielfalt an Geschäften trägt zur Lebendigkeit der Zentren bei. Dabei ist das Beständigste am Handel der Wandel.
Der Strukturwandel im Einzelhandel drückt sich in einer starken Unternehmens- und Umsatzkonzentration sowie einer enormen Flächenexpansion aus.
Der Handel ist und bleibt die Leitfunktion für die Innenstadt, seine Dynamik ist deshalb auch maßgeblich für die vielen strukturellen Änderungen in der Innenstadt.
Veränderte ökonomische Rahmenbedingungen und ein zu großes Flächenangebot im städtischen Umland gefährden den innerstädtischen Einzelhandel
und damit die ökonomische Grundlage der Zentren.
Zentrale Aufgabe für eine integrierte Stadtentwicklungspolitik ist es, ein ökonomisch tragfähiges
und vielfältiges Einzelhandelsangebot in der Innenstadt zu sichern und – wo möglich – zu stärken. Dies kann nur eine gemeinsame Aufgabe der Kommunen
in Zusammenarbeit mit dem Einzelhandel sein.
Erfolgreiche Einzelhandelskonzepte für die Innenstädte zielen auf eine Angebots- und Erlebnisvielfalt,
 die durch einen gesunden Mix aus „angesagten" großen Magneten als Frequenzbringern und individuellen, inhabergeführten Läden als Angebotsbereicherung geprägt sind."
 
Am 18.06.2014 fand zudem eine  Fachtagung mit dem Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung von Mecklenburg-Vorpommern
zum Thema "Zukunftsfähige Einzelhandelstrukturen" ( s. Anhang) mit großer Beteiligung von Politik,  IHK, EHV, Stadtplanern,
Unternehmensberatungen usw. statt. Das Problem der Innenstädte wird in Schwerin sehr ernsthaft behandelt.
 
Die Stadt Greifswald hat 2002  das Integrierte Stadtentwicklungskonzept  (ISEK) im Rahmen des Bundeswettbewerbs „Stadtumbau Ost“ erarbeitet.
Zielsetzung war, die Stadtentwicklung auf die sich verändernden demographischen, wirtschaftlichen und finanziellen Umbrüche konzeptionell auszurichten.
Darüber hinaus ist das ISEK Grundlage für die Städtebauförderung. Eine konsequente Fortschreibung ist gerade in Hinblick auf die Innenstadt und
Fleischervorstadt nicht erfolgt.
 
Im Fokus lagen die Themen Wohnen, Wirtschaft, Mobilität und Kultur. Der Handel als tragende Stütze der Entwicklung kommt in den Konzepten zu kurz.
Das war auch in der Zukunftswerkstatt so.
 
Nach meiner Auffassung muss das ISEK gerade in Hinblick auf die Funktion des Einzelhandels für die Innenstadt
fortgeschrieben werden, bevor weitere Entscheidungen gefällt werden.
Die ISEK Fortschreibung wäre auch wichtig, um eventuelle Förderungen zu ermöglichen.
 
Anbei ein beispielhafter Ablaufplan von der IPH Handelsimmobilien.
 
Es ist also alles vorhanden oder  bekannt und muss nur umgesetzt werden.
 
Ich bin sehr froh, dass wir in der Diskussion sind und noch alle Möglichkeiten haben, die besten Entscheidungen
für "Zukunftsfähige Einzelhandelstrukturen" in der Innenstadt von Greifswald zu fällen.
 
Wenn die Kommune mit den Händlern gemeinsam dieses Ziel verfolgt, ist mir nicht bange
um die Zukunft der Greifswalder Innenstadt. Wir werden unseren Beitrag dazu leisten.
 
 
Die zugehörigen Texte können
 
 
heruntergeladen werden.
 
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Hermann Jesske
Dr. Hotz GmbHLange Straße 40-42
17489 Greifswald
Telefon: +0049 3834 7759911
Fax: +0049 3834 775999
eMail: h.jesske@jesske-am-dom.de
Internet: www.jesske.info
Handelsreg.-Nr.: Stralsund HRB 3413
Geschäftsführer: Hermann Jesske, Sebastian Braun
VAT-ID: DE 113580212

Freitag, 17. Oktober 2014

Das leidige Verkehrsproblem






Gestern, Donnerstag, wurde das Gutachten veröffentlicht, das, in gegenteiliger Bewertung zum bereits vorliegenden CIMA-Gutachten, zu der Schlussfolgerung kommt, dass das geplante Einkaufszentrum auf dem Gelände der KAW-Hallen die Innenstadt nicht befruchten, sondern, im Gegenteil, veröden würde.

Mindestens ein weiterer Problemkreis kommt hinzu: der Verkehr.

Die Bahnhofstraße ist wegen des Nadelöhrs unter den Bahntrassen durch den kommenden und gehenden Verkehr aus und nach Westen, Südwesten und Süden sowie den sonstigen Anwohnenden und Fernverkehr bis zum Anschlag belastet, ca. 15.500 Fahrzeuge nutzen die Straße jetzt schon. Durch das Vorhaben sollen gut 3.800 Fahrzeuge hinzukommen - insgesamt werden es, laut Gutachten, knapp über 20.000 Fahrzeiuge sein, die täglich die Bahnhofstraße nutzen, sofern das Vorhaben umgesetzt wird. Das sind 25 % mehr als jetzt! Damit ist die Straße bis zum Anschlag ausgelastet. Mehr ist nicht drin.

In Hinsicht auf die dadurch entstehende Lärmbelästigung ist die meiner Ansicht nach zynische Reaktion auf die Lärmsteigerung: Laut Lärmgutachten übersteigt das Geräusch auf der Bahnhofstraße schon jetzt jedes erlaubte Maß, da macht dann das bißchen mehr Lärm auch nichts mehr aus. Im Angebot sind Lärmschutzfenster für einige Gebäude - ich hoffe, dass die auch ohne Griffe geliefert werden...

Nach übereinstimmender Meinung aller Gutachter muss eine Ampel her. Diese regelt den fussläufigen und radfahrenden Querungsverkehr, die Einmündung aus und die Einfahrt auf das KAW-Gelände. Das zum damaligen Antrag gehörende Gutachten spricht von einem Umlauf von 75 Sekunden. Schauen wir mal, wie es damit aussieht:

Die Ampel regelt zunächst den Querungsverkehr. Die Bahnhofstraße ist an dieser Stelle ca. 13 m breit (nur die Autostrasse). Diese gilt es zu überwinden. Bei einer geschätzten Rollator-Schiebe-Geschwindigkeit von 3 km/h dauert dies etwa 11 Sekunden. Mit Bürgersteig runter und wieder rauf sind das 15 Sekunden. Ich weiß nicht, wieviel Räumzeit die Straßenbauvorschriften vorsehen, aber ich schätze, dass damit schon mindestens 25 der 75 Sekunden weg sind. Damit bleiben noch 50 Sekunden für Linksabbieger aus Richtung Gützkower Straße, Rechtsabbieger aus dem KAW-Geländer, Linksabbieger aus dem KAW-Gelände, Geradeausfahrende in Richtung Gützkower, Geradeausfahrende in Richtung Betontrog unter dem Bahnhof.

Allein diese Aufzählung reicht schon aus, um zu zeigen, dass man mit einem Umlauf von 75 Sekunden nicht hinkommt.

Das bedeutet: Mitten auf einer der verkehrsreichsten Straßen Greifswalds hat man zwischen Betontrog und Gützkower Straße eine weitere Ampel, die den Verkehr auf jeden Fall länger als 75 Sekunden aufhält - mit allen Konsequenzen für die Staubildung.

Das Problem haben wir natürlich nur zu den Stoßzeiten. Just während dieser Stoßzeiten halten voll besetzte Züge aus Stralsund und aus dem Süden am Bahnhof mit Pendlern und Reisenden. Deren Weg führt zu einem großen Teil auf den Fussgehenden- und Radfahrendenweg südlich der Bahnhofstraße. Zuerst kommen die Räder, das sind die schnellsten, dann die Roll- und Aktenkoffer. Und die haben an der Einfahrt zum KAW-Gelände Grün, wenn auch die Autos Grün haben. Das heißt: Geradeausfahrende aus Richtung Betontrog müssen warten, bis die vor ihnen stehenden Autos rechts ab auf das Gelände gebogen sind, was diese aber nicht können, da dort die Ampel genutzt wird - und Peng, schon ist wieder Rot.

Das Stauende wird bis in den Betontrog reichen, vielleicht sogar bis zum Kreisel.

Das Chaos ist perfekt.

Hinzu kommt, dass nach aller Planung für Fleischervor- und Innenstadt es Verkehrsberuhigung  und andere Verkehrsführung geben wird. Mittendrin ist der reißende Fluß Bahnhofstraße, der das Gebiet in zwei völlig getrennte Bereiche zerhackt, eine fast unüberwindliche Sperre darstellt. Damit wiederspricht diese Mehrbelastung allen Planungen für die Innen- und die Fleischervorstadt, ja, sie konterkariert sie sogar - nebenbei übrigens auch die Zusammenlegung der Versorgungsbereiche Fleischervor- und Innenstadt, die mit der Umsetzung der Planung sich selbst ad absurdum führen würde.

Mindestens aus diesen verkehrspolitischen Gründen ist das geplante Einkaufszentrum auf dem Gelände der KAW-Hallen abzulehnen.

Gutachten zum Bau eines Einkaufszentrums auf dem KAW-Hallen-Gelände



Gestern wurde es nun endlich vorgestellt, das Gutachten von Lademann und Partner im Auftrag der BI zu den KAW-Hallen. Einige Verzögerungen hatte es gegeben, das Gutachten kam wegen notwendig vorzunehmender Präzisierungen nicht mehr rechtzeitig zum 2. AG-Treffen am vergangenen Donnerstag in Levenhagen, sondern eben erst gestern - was seiner inhaltlichen Brisanz nichts nimmt.

Das Gutachten im Auftrag der BI kommt zu einem völlig anderen Ergebnis als das CIMA-Gutachten, das im Auftrag des Investors geschrieben wurde (wen wundert's...). Nicht nur das Ergebgnis ist ein anderes (ein Einkaufszentrum dieser Größe würde die Innenstadt nicht befruchten, sondern im Gegenteil: veröden!), auch die Berechnungen des CIMA-Gutachtens selbst wurden einer Prüfung unterzogen und als unplausibel erwiesen.



Nun liegen ein Gutachten des Investors und eines der BI vor - nun kann niemand mehr behaupten, dass es ja nur eine Objektivität gebe. Den Mitgliedern der Bürgerschaft ist es nun trotz (oder vielmehr: wegen) der Gutachteritis aufgegeben, sich ihren eigenen Kopf zu machen, ob ein Einkaufszentrum an dieser Stelle für Greifswald gut oder schlecht ist. Denn Grundfrage ist und bleibt: Was tut Greifswald gut - nicht, wie ermöglichen wir einem Investor seine Investition. Dies können wir erst überlegen, wenn wir entschieden haben, was Greifswald gut tut. Erst dann!

Wir sollten nicht vergessen: Das geplante Einkaufszentrum in den KAW-Hallen ging davon aus, dass die Einwohner_innen der Fleischervorstadt den berechtigten Wunsch nach einem Nahversorger hatten, um ihr Kilo Zucker und ihren Liter Milch nahe dem Wohnort besorgen zu können. Unter diesem Deckmäntelchen hat der Investor ein Projekt ganz am Rande der Fleischervorstadt entwickelt (also weit entfernt von den meisten Bewohner_innen der Fleischervorstadt), das jeden Rahmen eines Nahversorgers sprengt - so, als hätte man den kleinen Finger geboten und den Arm bis zur Achsel abgebissen bekommen.

Das Gutachten kann hier heruntergeladen werden. Wir hoffen, dass es in allen Fraktionen und von den Mitgliedern der Bürgerschaft insgesamt gelesen und diskutiert wird.